Alle Inhalte ©2023 Tobias Brodala
Der Makrozyklus ist die gesamte Trainingsperiode, die normalerweise eine Dauer von mehreren Monaten bis zu einem Jahr umfasst. Dieser Zyklus ist in mehrere Phasen unterteilt, die aufeinander aufbauen, um den Athleten auf den Höhepunkt der Leistung vorzubereiten. Die Vorbereitungsphase, auch als Anpassungsphase bezeichnet, ist der Beginn des Makrozyklus. Hier ist der Trainingsfokus noch recht unspezifisch und liegt vor allem auf der Verbesserung der konditionellen Fähigkeiten wie Kraft, Ausdauer, Schnelligkeit und Beweglichkeit.
Die Mikrozyklen sind kürzere Trainingsphasen, normalerweise von einer Woche bis zu einem Monat. In jeder Mikrozyklusphase wird ein bestimmtes Trainingsziel verfolgt, das auf die Gesamtziele des Makrozyklus ausgerichtet ist. Die Planung von Mikrozyklen hilft dabei, das Training zu variieren und Überlastungen zu vermeiden, die zu Verletzungen führen können.
Übertragen wir diese Prinzipien auf die Selbstverteidigung, fällt zu allererst das Konzept des Wettkampfs weg, jenes Tag X, von dem wir eigentlich hoffen, dass er überhaupt nicht stattfindet. Somit wäre es unnütz, zunächst wochenlang an der Kondition zu feilen, ohne dass taktische, respektive kombative Elemente Eingang ins Training finden würden. Sollte sich besagter SV-Notfall nun in diesem Trainingszyklus ereignen, haben wir dem Gegenüber nichts außer unserer Kondition entgegenzuhalten. Mehr als nichts, aber keineswegs von erheblichem strategischem Nutzen.
Daher stellen wir an das Ende unseres Makrozyklus statt der Idee einer echten Gewaltlage eine künstliche. Die soll aber weniger die Selbstschutzfähigkeit unseres Lernenden testen, wie es die echte Lage zweifelsfrei würde, sondern eher ein Feedback ermöglichen, gleichermaßen für den Anfänger wie für den Fortgeschrittenen. Gehen wir nun von einem Makrozyklus von sechs Monaten aus, würde das einen Rahmen darstellen, innerhalb dessen wir so viele Lernfortschritte bewerkstelligen wollen, dass wir ein Feedback am Ende dieser Periode möglich machen wollen.
Anstatt dass wir diesen Zyklus nun in die progressiven Phasen der Anpassung von Wettkampfvorbereitung aufteilen, bietet es sich an, taktische Herausforderungen gleichberechtigt zu alternieren. Also anstelle drei Monate Kondition und drei Monate spezifische Übungsformen, eher einen Monat Oberkörperclinch, einen Monat Bodenkampf, einen Monat Konfliktkommunikation. Und weil die Verbindung dieser Elemente kaum einem phasischen Aufbau gleicht, da ihm die Eigenschaft des gleichmäßigen Fortschritts fehlt, empfehle ich, diese Abschnitte als Blöcke zu bezeichnen. Also zum Beispiel einen Block Schlagmechanik, gefolgt von einem Block Messerbedrohungen. Innerhalb dieser gleichberechtigen Thementeilungen des Makrozyklus können die darin enthaltenen Mikrozyklen eher analog zum sportlichen Training ausgebildet werden: Zwei Wochen taktische Grundlagen und Techniktraining, zwei Wochen besondere Herausforderungen und freiere Übungsformen.
Selbstverständlich eröffnet dieses Vorgehen die Kritik, dass man auch mitten im Block Bodenkampf mit einem Messer angegriffen werden könne. Allerdings ist Selbstverteidigungstraining idealerweise eher minimalistisch und bietet dem fähigen Trainer die Möglichkeit, solche Elemente in den Vordergrund zu stellen, die immer wieder Anwendung finden, unabhängig von der konkreten taktischen Herausforderung. Daher wäre es eben keine große Katastrophe, wenn man mitten im Bodenkampfblock mit einem Messer bedroht würde oder plötzlich zu Boden gezwungen wird, ohne dass ein scharfer Gegenstand auftaucht. Ich lade den geneigten Profi also dazu ein, von dogmatischer Systematizität abzusehen und die Vorteile einer strukturierten Trainingsplanung kennenzulernen.
Issurin, V. B., & Tenenbaum, G. (1999). Acute and residual effects of short-and long-term complex training sequences
on athletic performance. The Journal of Strength & Conditioning Research, 13.
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