Koch, K. (2003). Karl v. der Küste: Erinnerungen eines Küstenkellners an den Kieler Kiez (1960 – 1976) mit den Hauern, Huren, Hafenloddels.
Wie viele Bücher aus dem groben Dunstkreis der EWTO Marketingmaschine der 90er und 2000er Jahre wurde auch dieses Buch herausgegeben von WT Großmeister Keith R. Kernspecht. Zu sagen, ich würde seinen Wert kritisch beäugen, wäre damit nicht nur ein wenig untertrieben. Aber es wurde mir von meinem guten guten Freund Florian Dau empfohlen. Zu sagen, dass ich dessen Meinung einigermaßen schätze, wäre im gleichen Maße untertrieben. Flo kannte Karl und so liegt auf dieser Empfehlung sogar noch ein wenig mehr Gewicht. Also lass uns herausfinden, um es es hier geht und ob sich dieses Buch für dich lohnt.
„Karl von der Küste“ beleuchtet das bewegte Leben von Karl Koch, der sein Leben von Türsteher und Bordellwirtschafter in Kiel zu Helfer und Berater transformiert hat. Ich würde das Buch initial in der harten Realität des Rotlichtmilieus ansiedeln. Der Autor beschreibt ausführlich, wie er seine Zeit in einer gewalttätigen Umgebung erlebte und welche inneren Wandlungen er durchlief.
Zentral für das Buch ist die Thematik der persönlichen Veränderung. Koch begann sein Leben im Rotlichtmilieu, nicht aus Neigung zur Gewalt, sondern nach eigenen Angaben aus Notwendigkeit und begrenzten beruflichen Möglichkeiten. Seine Erlebnisse als Türsteher und Bordellwirtschafter zwangen ihn wohl oft dazu, Gewalt anzuwenden, um in dieser Umgebung zu „überleben“. Doch trotz dieser äußeren Härte sieht sich Koch stets darauf bedacht, eine klare Linie zu ziehen und sich nicht in kriminelle Machenschaften verstricken zu lassen.
Somit ist eine der Kernaussagen dieses Buches, dass Gewalt häufig eine Reaktion auf die Umstände und das Umfeld ist, in dem sich eine Person befindet. Kochs Leben soll als Beispiel fungieren, dass Menschen durch ihre Umgebung stark beeinflusst werden können, aber auch die Fähigkeit haben, sich weiterzuentwickeln und sich selbst zu verändern. Das gelinge durch harte Arbeit an sich selbst und tiefgehende Reflexion. So konnte Koch sich von einem „abgebrühten Hund“ zu einem Menschen entwickeln, der anderen half und positiv auf sein Umfeld einwirkte.
Es wird ein detailliertes Bild von Kochs Weg gezeichnet, auf dem er sich von einem gewalttätigen Leben abwandte und einen neuen Pfad als Chirologe, quasi einem esoterischen Berater, der beispielsweise aus der Hand lesen kann, und Helfer einschlug. Er wandte sich von der rohen Gewalt ab, die seinen Alltag bestimmte, und setzte sich dafür ein, anderen in schwierigen Lebenslagen zu helfen. Er benennt dazu selbst vor allem seine Suche nach Verständnis und Mitgefühl, das er in seinem früheren Leben kaum gekannt hatte.
Historisch ist das Werk in einer Zeit angesiedelt, in der die norddeutsche Hafenstädte, hier am Beispiel von Kiel, mit den Herausforderungen des Rotlichtmilieus konfrontiert waren. Kochs Erlebnisse bieten authentische Einblicke in die sozialen und wirtschaftlichen Bedingungen dieser Zeit und zeigen an seiner eigenen Biografie, wie diese Umstände Menschen in bestimmte Lebensbahnen drängen können.
Die Rezeption des Buches ist zwiespältig. Es wird besonders von Anhängern der EWTO Szene als „wertvolle Milieustudie“, wenigstens aber als tiefgehende Lebensgeschichte geschätzt, die zeigt, wie Menschen durch ihre Umstände geformt werden und dennoch die Fähigkeit zur positiven Veränderung haben. Allerdings mag die direkte Schilderung von Gewalt und die rauen Sprachbilder nicht für jeden Leser geeignet sein, insbesondere nicht für Kinder und die meisten Jugendlichen.
Für Personen, die im Bereich Selbstschutz oder in gewaltbehafteten Berufen tätig sind, bietet das Buch wertvolle Einblicke in die Mechanismen von Gewalt und es ist auch schön, mal von einer ungeschönten Möglichkeit zur persönlichen Entwicklung zu lesen. Karl Koch zeigt, wie tiefgreifende Veränderungen möglich sind und welche Faktoren dabei eine Rolle spielen. Soziologen und Historiker können ebenfalls von den detaillierten Schilderungen des Rotlichtmilieus profitieren und ein besseres Verständnis für die sozialen Dynamiken dieser Zeit gewinnen.
Weniger profitieren könnten Leser, die nach leichter, unterhaltsamer Lektüre suchen oder denen detaillierte Darstellungen von Gewalt unangenehm sind. Für diese Zielgruppe könnte das Buch eher schwer und die beschriebenen Szenen zu lastig sein. Insgesamt möchte ich „Karl von der Küste“ als nachdenklich stimmende Lektüre bezeichnen, die selbst erzählte Einblicke in ein menschliches Schicksal und die Auswirkungen von Umwelt und innerer Haltung auf das Leben bietet.
Wenn du das Buch über diesen Affiliate – Link kaufst, erhalte ich eine Provision. Den Kaufpreis verändert das nicht. Danke für deinen Support.