Ruge, M. (2016). Das Ruge Prinzip: Kämpfen, ohne zu kämpfen. Edel Books.
Ich kenne Michel aus ein paar Telefongesprächen als hilfsbereiten und kollegialen Mann. Vor einigen Jahren sollte ich das erste Mal eine Gruppe LKA Personenschützer fortbilden und Dank Michels Angebot, mir ein paar typische Stolpersteine aus dem Arbeitsleben eines (ehemals privaten) Personenschützers vorzustellen, konnte ich diese Fortbildung angemessen auf den Menschen hinter dem Personenschützer herunterbrechen. Das hat letztlich zu einem immensen Mehrwert für die Operativkräfte geführt.
Sein „Ruge Prinzip“ ist eine Mischung aus Biografie, Memoiren und Lebensphilosophie, die sich stark an seinen Erfahrungen als Türsteher, Kampfsportler und Hamburger Szene-Insider orientiert. Das Buch konzentriert sich auf die Themen Gewalt, Konfliktmanagement, Selbstbehauptung und den Umgang mit schwierigen Situationen, die Michel aus jahrelanger Erfahrung in der Türsteherszene kennt. Er gibt dem Leser Einblicke in die raue Realität von nächtlichen Auseinandersetzungen und den Anforderungen, die diese an die physische wie psychische Stärke eines Menschen stellen.
Eine der Hauptstärken von „Ruge Prinzip“ liegt in der Authentizität der Schilderungen. Michel spricht aus erster Hand und vermittelt damit einen realistischen Einblick in die Welt der Gewalt und Konflikte, die in der Türsteherszene allgegenwärtig sind. Seine Sprache ist direkt, ungeschönt und manchmal rau, was die Erzählungen lebendig und glaubwürdig macht. Auch sein praktischer Ansatz zum Thema Selbstverteidigung und Konfliktlösung wird von Lesern geschätzt, die sich für realistische, pragmatische Lösungen interessieren.
Er bietet viele wertvolle Einblicke in die Mechanismen von Konflikten und beschreibt, wie man in bedrohlichen Situationen ruhig und kontrolliert bleibt. Besonders für Leser, die wenig theoretisches Interesse an psychologischen Konzepten haben und stattdessen von praxisnahen Tipps profitieren wollen, liefert das Buch konkrete Handlungsempfehlungen. Michel betont wiederholt die Bedeutung von Präsenz, Körpersprache und mentaler Vorbereitung in potenziell gefährlichen Situationen.
Michel konzentriert sich vor allem auf die physische Komponente von Auseinandersetzungen und öffnet wenig Raum für die Ergründung emotionaler und mentaler Prozesse, die Aggression und Gewalt begleiten. Diese Vereinfachung unterstreicht die Absicht des Autors, sein Buch als praxisorientierten Bericht eines Türstehers zu verstehen, der seine Sichtweise und Erfahrungen teilt, jedoch kein tiefgehendes Werk über Deeskalation oder die komplexen Mechanismen von Gewalt schreiben wollte.
Ich tue mich schwer, Rezensionen zu folgen, die Michel vorwerfen, eine bestimmte Macho-Kultur zu reproduzieren. Physische Stärke und Dominanz spielen zwar dort eine zentrale Rolle, das tun sie aber in Bezug auf Gewalt per se. Daneben wäre das Ausblenden dieser mehr als kulturrelevanten Dynamiken des Hamburger Kiez absolutes Wunschdenken. Dennoch verstehe ich , dass Lesern, die eine differenziertere Auseinandersetzung mit Gewalt suchen, in der auch traumatische Erfahrungen oder soziale Dynamiken thematisiert werden, das Buch zu einseitig erscheinen könnte.
Michel Ruge vermittelt durch das Buch einige zentrale Erkenntnisse, die sich stark auf seine praktische Erfahrung stützen. Ein wichtiges Prinzip, das er immer wieder betont, ist die Bedeutung von mentaler Vorbereitung und Selbstbeherrschung in Konfliktsituationen. Er spricht davon, dass die Fähigkeit, eine Situation zu lesen und souverän zu bleiben, oft entscheidender ist als die reine physische Überlegenheit. Für ihn geht es bei Selbstverteidigung nicht nur um das Schlagen oder Abwehren, sondern vor allem um das Vermeiden von gefährlichen Situationen und das deeskalierende Verhalten, bevor eine Konfrontation überhaupt eskaliert.
Ein zentrales Thema des Buches ist die Bedeutung von Respekt – sowohl sich selbst als auch anderen gegenüber. Michel betont, dass Türsteher und Kampfsportler nicht darauf aus sein sollten, Gewalt anzuwenden, sondern vielmehr dafür verantwortlich sind, Konflikte frühzeitig zu erkennen und zu entschärfen. Dabei spielt die eigene Haltung und Körpersprache eine große Rolle, um einer Eskalation vorzubeugen.
Aus der Perspektive eines Praktikers vermittelt Michel dem Leser eine raue, aber ehrliche Sicht auf das Leben und den Umgang mit Aggressionen. Der Duktus des Buches ist klar, direkt und oft lakonisch, was die Glaubwürdigkeit seiner Erzählungen unterstreicht. Es ist eine Perspektive, die sich eher auf die körperlichen und pragmatischen Aspekte von Konflikten fokussiert als auf die tieferen und emotionalen Dimensionen. Wer also ein tiefgehendes psychologisches Werk über Gewaltprävention sucht, könnte von „Ruge Prinzip“ enttäuscht sein. Als Praxisbericht eines erfahrenen Türstehers bietet das Buch jedoch wertvolle Einsichten für diejenigen, die sich auf die physische und taktische Ebene der Konfliktbewältigung konzentrieren möchten.
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Liegt seit Jahren im Bücherregal. Vielleicht sollte ich wieder mal lesen.
Sofort rausholen und lesen!