Blauer, T. (2024). The Tony Blauer SPEAR System: An overview: Rationale – principles – concepts (E. Lawrence, Hrsg.; 1. Aufl.).
Wir alle wissen, dass ich als ehemaliger Schüler von Tony Blauer, Teil seines Internationalen Mobile Training Teams und letztlich Aussteiger nicht neutral über dieses Buch schreiben kann. Es gibt eine lange Geschichte, die Tony und mich bis heute verbindet, und ich bin ihm für seine Lehre, Unterweisungen und das Werk seines Lebens enorm dankbar.
Gleichzeitig muss ich zugeben, dass ich mich selten so enttäuscht gefühlt habe wie nach der Lektüre dieses Buches. Laut Verkaufsstrategie als „Field Manual für die Beintasche“ angepriesen, sind diese 104 Seiten kaum mehr als ein Werbemittel – und das lässt sich auch nicht durch seine kompakte Form beschönigen.
Meine persönliche Erwartungshaltung an dieses Buch war alles andere als unerheblich: Ich hoffte auf eine prägnante Darstellung der grundlegenden Prinzipien des SPEAR Systems – einschließlich der Taktiken zur Durchbrechung des Angstkreislaufs, der nicht-aggressiven Körperhaltungen und des taktischen SPEAR-Ansatzes. Dass das Buch kurz ist, war mir von vornherein bewusst, aber kurz und inhaltslos sind zwei unterschiedliche Dinge.
Zu meiner Überraschung musste ich feststellen, dass Tony Blauer das Buch nicht selbst geschrieben hat. Erik Lawrence wird als Autor genannt, und das merkt man dem Text leider an. Tony Blauer, dessen sehr spezielle charismatische Art und fundierten Einsichten mir äußerst bekannt sind, bleibt in diesem Buch völlig unsichtbar. Stattdessen bekommen wir eine hölzerne, sich endlos wiederholende Prosa, die mich fast zur Verzweiflung brachte. Wiederholung ist in der Didaktik ein gängiges Mittel, aber in diesem Buch wurde sie dermaßen übertrieben, dass es schwerfällt, die wenigen sinnvollen Informationen dazwischen überhaupt noch wahrzunehmen. Man könnte fast den Eindruck bekommen, dass ChatGPT das Buch geschrieben hat – und dieser Verdacht wird in einigen amerikanischen Rezensionen sogar geäußert. Der Stil ist so generisch und monoton, dass man sich fragt, ob hier wirklich ein Mensch am Werk war.
Dieses Buch enthält keinerlei Grafiken. Müsste es auch nicht, wäre das ein Deep Dive in das Programm, seine Didaktik oder Philosophie geworden. Aber wenn schon nur von Outside 90 und Non Violent Postures geschrieben wird, naja. Solche Konzepte lassen sich zwar theoretisch beschreiben, aber ohne unterstützende Grafiken bleiben sie schwer fassbar, besonders für Neulinge. Ein paar einfache schematische Darstellungen hätten Wunder gewirkt. Fehlanzeige.
Ein weiteres Problem ist die Struktur. Die Informationen sind schlecht gegliedert. Alles wirkt wie ein langer, zusammenhangsloser Textblock, der die Geduld des Lesers auf eine harte Probe stellt. Das Titelversprechen, dass man mit diesem Buch das „Wie“ des SPEAR Systems verstehen würde, wird nicht einmal im Ansatz erfüllt. Stattdessen bleiben Beschreibungen vage, oberflächlich – als ob der Leser lediglich daran erinnert werden soll, dass das SPEAR System existiert, ohne jemals in die Tiefe zu gehen.
Es bleibt am Ende das Gefühl, einem Werbetrick aufgesessen zu sein. Dieses Buch ist, um auch mal Tacheles zu sprechen, eine Werbebroschüre, die in keiner Weise das brillante und detaillierte Wissen von Tony Blauer über Selbstverteidigung widerspiegelt. Wer an Inhalten des SPEAR Systems interessiert ist, sollte sich besser auf verfügbare Videos oder meinetwegen die Online-Kurse von BTS konzentrieren, anstatt 20 Euro für dieses Buch, um darin zu erfahren, warum man die Videos gucken sollte.
Zusammengefasst: Das Buch enttäuscht mich auf ganzer Linie, und das sowohl inhaltlich als auch redaktionell. Tony Blauer und sein SPEAR System verdienen definitiv Besseres als dieses Pseudo-Handbuch. Wer wirklich etwas über SPEAR lernen möchte, sollte hier nicht seine Zeit verschwenden – und vor allem nicht sein Geld.
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Es ist bisher nur einmal passiert, dass ich für ein Buch mein Geld zurück wollte; und bei diesem nun erneut. Ich bin enttäuscht, dass ein großer Denker realitätsbasierter SV seinen Namen dafür hergibt und das Buch aktiv bewirbt. Die Folge: Vertrauensverlust und Scharm, dass ich die Rezensionen vorher nicht gelesen habe, bleiben.